Seit Wochen, nein seit Monaten, spekulieren Österreichs Medien wer von welcher Partei zur Bundespräsidentenwahl antritt. Krampfhaft haben sie eine Kandidatur von Erwin Pröll herbeigeschrieben. Damit das nicht so auffällt wird Andreas Khol jetzt als Notfalllösung beschrieben – eine Bezeichnung die sich eine Persönlichkeit wie er echt nicht verdient hat.

Was am augenfälligsten ist, ist das Alter ALLER Kandidaten, Rudi Hundstorfer ist 64 Jahre alt und damit der jüngste der Kandidaten. Dann tritt bis jetzt nur eine Frau an, Irmgard Griss (70) und dann wären da die beiden Universitätsprofessoren Alexander Van der Bellen (bald 73) und Andreas Khol (bald 75). Die Kandidaturen sind kaum 24 Stunden lang bekannt und das Internet überschlägt sich an Vorschlägen für jüngere und weiblichere Kandidaten. Bezüglich des Alters sollte man aber auch eines bedenken: nimmt man z.B. eine 38 jährige Kandidatin (eine im Netz vorgeschlagener Kandidatin ist so alt) gewinnt die Wahl – hat einer Überlegt was die dann nach höchsten möglichen 12 Amtsjahren machen soll, mit 50 Jahren? Welcher Frau, welcher Mann sollte sich in so jungen Jahren auf so was einlassen? Wenn du Minister in diesem Alter wird’s und danach wieder einen Job brauchst verfolgt dich der politische Hohn und Neid. Wer würde den ehemaligen Präsidenten engagieren, wir haben dahingehend keine Kultur wie andere Länder. In der Vergangenheit sind die meisten Bundespräsidenten im Amt gestorben (was ich keinem der jetzigen Kandidaten wünsche). In der zweiten Republik überlebten Waldheim und Kirchschläger ihre Amtszeiten. Bei Heinzi Fischer schaut´s auch gut aus, es sei ihm vergönnt. Damit können wir das Thema Alter als abgeschlossen betrachten..

So warum hat die ÖVP keine Frau nominiert? Abgesehen von den oben angeführten Gründen, der nachherigen Jobsuche, keine Ahnung. Ich wäre die Erste, die eine weitere Kandidatin begrüßen würden. Aber warum fragt das eigentlich keiner bei der SPÖ, die hat nämlich noch nie eine Frau für die Kandidatur zum Bundespräsidenten vorgeschlagen, die ÖVP schon (2004 Benita Ferrero-Waldner). Sogar die FPÖ hat Frauen ins Rennen geschickt, nur die SPÖ hat das noch nie geschafft. Damit hätte sich dieses Thema auch erledigt.

Begonnen hat der Wahlkampf nun vor allem medial, die nächsten 5 Monate, werden die Medien lustige oder auch weniger lustige Geschichten schreiben. Heute hat der ORF sich mit „lustigen“, „zynischen“ und vor allem unfairen Untertönen über zwei Kandidaten (VdB und Khol) wieder ausgezeichnet. Obwohl gerade diese Beiden zumindest für intellektuelle Auseinandersetzungen und damit für ein höheres Niveau stehen. Alexander Van der Bellen hat seinen Wahlkampf professionell gestartet, das über YouTube, die beleidigten Bemerkungen sind des ORF nicht würdig. Andreas Khol ist heute in den Ring gestiegen, in gewohnt überraschender Art (im Tiroler Dialekt). Auf die Diskussionen der Beiden freu ich mich.

Persönlich kann ich mich für Andreas Khol mehr erwärmen als für die ÖVP Alternative. Andreas Khol war immer ein fairer Mann, so hab ich ihn jedenfalls erlebt. Als Nationalratspräsident und als Klubobmann. Er ist ein Mann der sich für die Kleinigkeiten genauso engagieren kann, wie für das große Ganze. Sich neuen Wegen nicht verschließt und sich in jede seiner Positionen voll und ganz einbringt. Ich konnte ihn in drei Funktionen erleben, als Klubobmann hart aber fair, als Nationalratspräsident ohne Vorurteile zu irgendeiner Partei und als Seniorenvertreter ein Kämpfer für die älteren Menschen.

Alle Kandidaten, derzeit bekannten Kandidaten, haben meinen Respekt. Entscheidend ist natürlich ob die FPÖ mal jemand anderen aufstellen kann als HC Strache. Aber die Vier die derzeit im Rennen sind, sind alle respektable Personen, mal sehen was passiert und wer da noch kommt.


Die Wellen schlagen hoch – Burgenland bekommt eine Rot/Blaue Regierungskoalition. Bei dem ständig wachsenden FPÖ-Wähleranteil war das zu erwarten. Seit Jahren sieht die FPÖ nur zu wie sich andere Parteien in der Regierungsarbeit abstrudel´n. Gefangen zwischen dem notwendigen Pragmatismus, ideologischen Vorstellungen und dem vermeidlichen, von den Medien veröffentlichen, Wählerwillen versuchen Rot, Schwarz und Grün (in Salzburg auch das was dort mal Team Stronach war) das jeweilige Einflussgebiet in Schwung zu halten. Natürlich mit unterschiedlichen Erfolgsquoten, aber sie versuchen es zumindest. Von Seiten der Blauen kommen seit 2004 nur noch Zwischenrufe und Schlechtmacherreden: Alles geht den Bach runter, die Bildung, die Wirtschaft, unser Bankensystem – Schuld sind abwechseln die EU, Rot/Schwarz oder die Ausländer! Natürlich könnte man es besser machen, die Frage ist doch ob die FPÖ es besser kann.

Hinter dem medialen Wellen und der Internetaufregung über die burgenländische Koalition steckt für mich vor allem eine Frage: Stehen alle FPÖ-Wähler hinter den Forderungen dieser Partei? Hoffnungsvoll will ich glauben, dass die meisten davon doch sogenannte Protestwähler sind. Wähler die der herrschenden Kaste von SPÖ und ÖVP, und manchmal auch den Grünen, einen Denkzettel verpassen wollen. Diese Hoffnung wird auch von vielen Analysten gestützt.

Doch analog dazu, bedeutet das auch, dass dieselben FPÖ-Wähler die von ihnen gewählte Partei gar nicht in einer Regierung haben wollen? Mancher will uns das glauben machen, und Optimisten wie ich wollen das auch glauben. Aber gestehen wir es uns dann auch ein: da rennt was schief. Denn ein verantwortungsvoller Wähler hat die Verpflichtung, nach besten Wissen und Gewissen, zu entscheiden, wer seine Meinung und Werte am besten vertritt. Denkzettelstimmen sind eigentlich nicht vorgesehen – dennoch sollten ÖVP und SPÖ über den Denkzettel nachdenken.

Auch sieht unser System, derzeit zumindest, vor, dass Regierungen durch Koalitionen gebildet werden. Ausgenommen natürlich eine Partei hat eine Absolute Mehrheit. Koalitionen bedeutet vor allem aber eine Vielzahl von Kompromissen egal welche Parteien eine Koalition eingehen. Unter diesem Gesichtspunkt sollte man durchaus über ein Mehrheitswahlrecht nachdenken! Aber derzeit müssen wir mit dem umgehen was wir haben.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass die FPÖ bei Koalitionsverhandlungen sehr fügsam ist. Was die knappen Verhandlungen im Burgenland ja wieder bewiesen haben. Denn kommt einmal die Chance zum Futtertrog, zu gelangen, wird jede Ideologie über Bord geworfen. Auch das Regieren mit einem derartig willigen Koalitionspartner wiegt einem in Sicherheit, eine bittere Erfahrung die, die ÖVP bereits gemacht hat. Es bleibt zu hoffen, dass im Burgenland (abwarten was in der Steiermark passiert) die bereits gemachten Fehler NICHT wiederholt werden. Die Hoffnung, dass in zukünftigen Wahlgängen wieder weniger Denkzettel sondern andere Entscheidungskriterien zum tragen kommen, stirbt zuletzt.


Da sitze ich nun in Tel Aviv im Garten und genieße einen kurzen Urlaub und doch lässt mich die heimische Politik nicht los. Die beiden Wahlergebnisse des letzten Sonntages haben auch die Österreicher in Israel erreicht. So erschüttert wie viele hier und daheim vom blauen Stimmenzuwachs sind, die Analysen sagen alle – die Verlierer (alle anderen Parteien) sind doch eigentlich selber Schuld.

Die Regierungsparteien lassen wir mal außen vor, denn natürlich stellt sich auch die Frage warum wählen so wenige Grün oder NEOS oder auch das Team Stronach. Im österreichischen Wahlspektrum gibt es viele Möglichkeiten, seinen Unmut über SPÖ und ÖVP zu äußern. Begründungen eine Partei nicht zu wählen gibt es viele, – für alle Parteien. So wählen viele die NEOS nicht, weil sie antiklerikal sind und mit dem Liberalen zusammen antreten. Bei den Grünen ist es die Bevormundungspolitik und die kommunistisch angehauchte Gesellschaftspolitik, die viele abschreckt. Team Stronach ist sowieso für viele ein „no go“, weil die sind ja nur gekauft. Und eines muss man auch festhalten die Gründe, NICHT FPÖ zu wählen gibt es auch und der Großteil der Wähler haben sich ja auch dafür entschieden, diesen Weg zu beschreiten.

Die Analysten und Kommentatoren haben in den letzten Tagen sehr oft erklärt, warum die Menschen sich gegen die regierenden Parteien entschieden haben. Wir haben das alle gelesen, die Begründungen gehen von bundespolitischen Auswirkungen in Fragen der Asylpolitik bis hin zur schlechten Kommunikation der Steuerreform. Die Herrn Niessel, Steindl, Voves und Schützenhöfer sehen sich doch damit fast aus dem Schneider. Und dennoch stellt sich daher eine grundlegende Frage: Ändert sich jetzt was? Auch hier wird medial Weisheit versprüht, alle warnen davor, nicht zu reagieren – prophezeien aber, dass sich nichts ändern wird.

Die andere Frage, die wirklich entscheidende Frage, ist natürlich: Was soll sich ändern? Und hier scheiden sich die Geister. Ginge es nach der FPÖ, dann hieße das Mauern hoch – Grenzen besetzen, schlicht „close the door“ und alle Problem wären gelöst. Ist es wirklich so einfach? Wollen die Wähler das wirklich? Zählen wir alle Nicht-FPÖ-Wähler zusammen ist es doch eine große Mehrheit, die diesen Weg doch als etwas zu simpel empfindet.

Bei ÖVP, SPÖ-Wählern macht sich Unsicherheit breit, sie geraten immer mehr in Erklärungsnotstand warum sie immer noch an den alten Gewohnheiten festhalten. Egal was man wirklich in der Wahlzelle tut – es ist schick auf die Regierungsparteien zu schimpfen, zu betonen dass man FPÖ nicht wählen kann aber so unrecht hätten sie nicht, die NEOS sympathisch zu finden und die Grünen sind sowieso der Inbegriff der Anständigkeit.

Die Verhandlungen der nächsten Tage werden zeigen, ob sich etwas ändert. Geht LH Niessel im Burgenland einen neuen Weg? Bricht er mit dem angeblichen Tabu der SPÖ und koaliert mit der FPÖ? (angebliches Tabu – siehe Peter/Kreisky oder Sinowatz/Steger) In der Tiefe meines Herzens, auch wenn ich meine burgenländischen Freunde jetzt enttäusche, soll es doch endlich mal wieder so sein. Vor allem könnte es der letzte Moment sein, bevor sie aus der ersten Position heraus absolut bestimmend werden können. Auch der Wählerwille scheint sich ja dahingehend, zu entwickeln – denn glaubt man Umfragen, dann ist HC Strache noch nicht wirklich Kanzlerfähig. Zumal aus SPÖ-machtpolitischen Gedanken heraus eines anzunehmen ist, wenn Strache Nummer Eins ist, ist eine FPÖ/SPÖ Koalition nicht mehr nur Option. Deshalb geben wir der FPÖ doch die Möglichkeit, zu beweisen, dass sie Lösungen hat und nicht nur Negativcampagning machen kann. Kann sie das???


Übermorgen ist wieder Großkampftag in der Wiener Innen Stadt. Der sogenannte Akademiker-Ball findet statt – in der Hofburg wird getanzt und in der restlichen Innen Stadt herrscht Ausnahmezustand. Wer mich kennt weiß,  dass meine Sympathie ganz eindeutig den Gegnern von jeder Art von rassistischemn und „rechtem“ Gedankengut gilt. Mein Herz schlägt also eigentlich für die auf der Straße. Doch wenn diese schon im Vorfeld bei Pressekonferenzen Ausschreitungen ankündigen und nicht bereit sind zur gewaltfreien Demonstration aufzurufen, dann setzt mein Herz aus. Was wollen Sie den damit erreichen? Zeichen setzen kann man auch ohne Gewalt.

Ausschreitungen rund um Bälle haben in Wien ja schon bald genau soviel Tradition wie die Bälle selbst. So haben die Anti-Atom-Bewegung Ende der Achtziger Jahre mit den Opernballdemos begonnen – nach legendären Straßenschlachten mit Molotowcocktails auf der einen Seite und Wasserwerfer auf der anderen, schlief diese Demonstrationsbewegung in den 90zigern ein wenig ein. Im Jahr 2000 gegen die neue schwarz/blaue Regierung wieder ins Leben gerufen, gab es dann die sogenannten Donnerstagsdemos. Mit Farbsackerl und Eiern wurde geworfen, im Vergleich zu Molotowcocktails ein Fortschritt.

Positiv erinnere ich mich an das Lichtermeer. Als im Jahr 1992 Jörg Haider und die FPÖ unter dem Motto „Österreich zuerst“ ein Volksbegehren initiierte, das Ende Jänner bis Anfang Februar 1993 zur Unterschrift auflag, sammelten sich Gegner dieser Anti-Ausländer-Idee zum friedlichen Protest. In den 2 Wochen Auflagezeit unterschrieben etwas über 400.000 Menschen das Volksbegehren. Zugegeben eigentlich eine erschreckende Zahl, aber Höhepunkt war denn doch der 23. Jänner 1993 – da gingen 250.000 Menschen in Wien auf die Straße um GEGEN dieses Volksbegehren zu demonstrieren. Friedlich mit Kerzen in der Hand ging diese Demonstration als Lichtermeer in die Geschichte ein. Letztendlich führte diese Gegenbewegung zur ersten Spaltung der FPÖ. Damals entschied sich Heide Schmidt (damals stv. Vorsitzende der FPÖ) nicht nur dazu, eine Kerze in ihr Bürofenster im Parlament zu stellen, sondern auch mit 4 anderen Abgeordneten die FPÖ zu verlassen und das Liberale Forum zu gründen.

Ja das Liberale Forum war nicht von langer Lebensdauer, aber die Spaltung der FPÖ damals war eine echte politische Auswirkung. Wohin führen die Protestkundgebungen heute? Durch die Gewaltbereitschaft – durch die Ausschreitungen – die im Vorfeld sogar als Motto und Ziel der Demontrationen zu erkennen sind – fühlen sich tolerante und antirassistische Menschen dazu genötigt, Partei für einen Ball zu ergreifen, der so gar nicht ihres ist. Vor allem aber führt es zu einem engerem Zusammenrücken der „rechten“ Szene! Persönlich hege ich manchmal auch den Verdacht, dass die „linke“ Szene ihren Lebenzweck verlieren würde, wenn sich Vorurteile und rassische Tendenzen reduzieren würden. Manch komische Allianz wird geschlossen – befinde ich mich hier in einem Boot mit Peter Pilz, auch der verurteilt die Vorgangsweise der NOWR.

Fest steht Gewalt löst nur Widerstand aus. Deshalb bitte ich um mehr Lichtermeere und weniger Molotowcocktails – im Sinne der Toleranz und dem respektvollen Umgang miteinander.