Übermorgen ist wieder Großkampftag in der Wiener Innen Stadt. Der sogenannte Akademiker-Ball findet statt – in der Hofburg wird getanzt und in der restlichen Innen Stadt herrscht Ausnahmezustand. Wer mich kennt weiß, dass meine Sympathie ganz eindeutig den Gegnern von jeder Art von rassistischemn und „rechtem“ Gedankengut gilt. Mein Herz schlägt also eigentlich für die auf der Straße. Doch wenn diese schon im Vorfeld bei Pressekonferenzen Ausschreitungen ankündigen und nicht bereit sind zur gewaltfreien Demonstration aufzurufen, dann setzt mein Herz aus. Was wollen Sie den damit erreichen? Zeichen setzen kann man auch ohne Gewalt.
Ausschreitungen rund um Bälle haben in Wien ja schon bald genau soviel Tradition wie die Bälle selbst. So haben die Anti-Atom-Bewegung Ende der Achtziger Jahre mit den Opernballdemos begonnen – nach legendären Straßenschlachten mit Molotowcocktails auf der einen Seite und Wasserwerfer auf der anderen, schlief diese Demonstrationsbewegung in den 90zigern ein wenig ein. Im Jahr 2000 gegen die neue schwarz/blaue Regierung wieder ins Leben gerufen, gab es dann die sogenannten Donnerstagsdemos. Mit Farbsackerl und Eiern wurde geworfen, im Vergleich zu Molotowcocktails ein Fortschritt.
Positiv erinnere ich mich an das Lichtermeer. Als im Jahr 1992 Jörg Haider und die FPÖ unter dem Motto „Österreich zuerst“ ein Volksbegehren initiierte, das Ende Jänner bis Anfang Februar 1993 zur Unterschrift auflag, sammelten sich Gegner dieser Anti-Ausländer-Idee zum friedlichen Protest. In den 2 Wochen Auflagezeit unterschrieben etwas über 400.000 Menschen das Volksbegehren. Zugegeben eigentlich eine erschreckende Zahl, aber Höhepunkt war denn doch der 23. Jänner 1993 – da gingen 250.000 Menschen in Wien auf die Straße um GEGEN dieses Volksbegehren zu demonstrieren. Friedlich mit Kerzen in der Hand ging diese Demonstration als Lichtermeer in die Geschichte ein. Letztendlich führte diese Gegenbewegung zur ersten Spaltung der FPÖ. Damals entschied sich Heide Schmidt (damals stv. Vorsitzende der FPÖ) nicht nur dazu, eine Kerze in ihr Bürofenster im Parlament zu stellen, sondern auch mit 4 anderen Abgeordneten die FPÖ zu verlassen und das Liberale Forum zu gründen.
Ja das Liberale Forum war nicht von langer Lebensdauer, aber die Spaltung der FPÖ damals war eine echte politische Auswirkung. Wohin führen die Protestkundgebungen heute? Durch die Gewaltbereitschaft – durch die Ausschreitungen – die im Vorfeld sogar als Motto und Ziel der Demontrationen zu erkennen sind – fühlen sich tolerante und antirassistische Menschen dazu genötigt, Partei für einen Ball zu ergreifen, der so gar nicht ihres ist. Vor allem aber führt es zu einem engerem Zusammenrücken der „rechten“ Szene! Persönlich hege ich manchmal auch den Verdacht, dass die „linke“ Szene ihren Lebenzweck verlieren würde, wenn sich Vorurteile und rassische Tendenzen reduzieren würden. Manch komische Allianz wird geschlossen – befinde ich mich hier in einem Boot mit Peter Pilz, auch der verurteilt die Vorgangsweise der NOWR.
Fest steht Gewalt löst nur Widerstand aus. Deshalb bitte ich um mehr Lichtermeere und weniger Molotowcocktails – im Sinne der Toleranz und dem respektvollen Umgang miteinander.