Betrachtet man es sportlich so hat am Sonntag die Österreichische Volkspartei die Wahl zum Europäischen Parlament gewonnen. Als Sportlerin habe ich zweimal einen Meistertitel gewonnen, und es ist vollkommen gleichgültig das ich in einem Jahr mit mehr als 66% der Punkte gewonnen habe und im Jahr darauf es nur knappe 64% waren. Tatsache ist mein Pferd und ich waren beide Male besser als alle Anderen. Ehrgeizig wie ich bin möchte ich nur auch festhalten: es waren mehr Mitreiterinnen als es dieses Jahr Wahlwerbende Parteien gab. Bei sportlichen Gewinnen gilt das Endresultat des Tages, wie sieht das also im politischen Bereich aus?
Politisch, das konnten wir ja schon bei der einen oder anderen Wahl feststellen, ist manchmal der Viert- oder der Drittplatzierte, zumindest der mediale Sieger. Ein wunderbares Beispiel dafür ist die letzte Nationalratswahl: als politischer Sieger wurden die NEOs Land auf Land ab gefeiert. Schafften sie doch auf Anhieb den Einzug ins Parlament. Sportlich gesehen, waren aber sie nur sechste, und weit entfernt von den “Medaillenrängen”. Verlierer waren damals die beiden Regierungsparteien, und das obwohl die SPÖ, wiederum aus dem sportlichen Blickwinkel gesehen, als erste durchs Ziel ging.
Aber die Europawahl 2014 die bildet selbst unter politischen Gesichtspunkten eine Besonderheit. Durch die frei werdenden Kapazitäten der Liste Martin (kaum einer kann sich an diese überhaupt noch erinnern, die von Krones Gnaden im EU-Parlament sitzenden EU-Kritiker rund um Hans Peter Martin) entstand ein Unikum. Denn diese Stimmen haben sich eigentlich recht gleichmäßig auf die oppositionellen Wahlwerber verteilt. Zw. 5 und 8 Prozent Plus konnten die FPÖ, Grüne und NEOS jeweils für sich verbuchen. Bedenkt man die unterschiedlichen EU-Ansätze, der drei Parteien und der ehemaligen Liste Martin, macht einem das noch nachdenklicher. Hans Peter Martin der sich darauf spezialisiert hatte Missstände bzw. tatsächliche und vermeidliche Korruption innerhalb des Europäischen Parlaments aufzudecken zog 2004 und 2009 vor allem EU-Kritiker an. Die SPÖ blieb heuer mehr oder weniger gleich – nur die ÖVP musste rund 3% einbüßen, was deutlich unter dem erwarteten Minus lag, aber zum ersten Platz reichte. Also haben alle gewonnen.
Doch abgesehen von der ÖVP haben eigentlich nur die Grünen auch ihr selbstgestecktes Wahlziel erreicht. Die Grünen fuhren das beste Bundesweite Ergebnis ihrer Geschichte ein und die ÖVP hat eigentlich nie etwas anderes gewollt als Erste zu bleiben. Positiv ist vor allem, dass die beiden fachlichen Spitzenkandidaten Lunacek und Karas gewonnen haben, persönlich stärkt das mein Vertrauen in die österreichischen Wähler. Es sieht so aus als würden sie Kompetenz doch zu schätzen wissen. Über die SPÖ braucht man kaum ein Wort zu verlieren sie wollte Erste werden. Spitzenkandidat Freund hielt sich sogar für den künftigen Reformmotor in der EU. Die FPÖ wollte der Regierung einen Denkzettel verpassen und Prozentuell auf SP und VP aufschließen, zeitweise glaubten sogar einige Kommentatoren sie könnten erste oder zweiter werden, weit gefehlt. Und da wären noch die neuen NEOs, die Shootingstars der heimischen Politszene, übereifrig sahen sie sich als die einzigen echten Europäer und sprachen von zweistelligen Ergebnissen und mindestens zwei Mandaten, das sie ihr Nationalratswahlergebnis fast verdoppelt haben realisierte erst die sonst nicht so geschickte Spitzenkandidatin am Sonntagabend.
Politisch Betrachtet ist es also möglich eine Wahl mit nur Gewinnern, gleichzeitig aber auch nur Verlierer, zu schlagen. Ein eigentlich sehr unspannendes Ergebnis. Die einzige Möglichkeit für Empörung und demokratiepolitische Bedenken sehen die Kommentatoren jetzt daher in der geringen Wahlbeteiligung. Wer sich nicht an Demokratie beteiligt ist selber schuld? Oder sind es doch die Politiker die die Menschen nicht genügend mobilisieren? Nicht genügend Emotionalisierung? Und das obwohl wir uns doch gerade darüber gefreut haben dass die Vernunft und die fachliche Kompetenz gewonnen hat? Also was jetzt mehr Inszenierung? Mehr Spektakel?
Mir persönlich ist die fachliche und inhaltliche Auseinandersetzung mit der Zukunft Europas, Österreichs und Wien am liebsten. Showdowns im TV, unqualifizierten Spionagebehauptungen, gegenseitige Anschuldigungen oder auch Verleumdungen und manipulativ veröffentliche Meinungsumfragen sind zwar medial einfacher zu verkaufen aber demokratiepolitisch eigentlich bedenklich.
Generell glaube ich, dass wir uns sukzessive ein neues Demokratieverständnis aufbauen müssen. Ob das eine Stärkung des Persönlichkeitswahlrechtes bedeutet, oder andere Wege gefunden werden, müssen wir noch erarbeiten, aber für mich ist eines klar – es muss eine Entwicklung geben, denn Stillstand ist Rückschritt.